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GARTEN & GENUSS

Grün gegen scheußliches Grau

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Gut gelöst - und versprochen: Dieser unter anderem mit Bodendeckern wie Purpurglöckchen (Heuchera), Elfenblumen (Epimedium), Storchschnabel (Geranium) sowie einigen Funkien gestaltete Vorgärten macht pro Jahr kaum mehr Arbeit als fünf Stunden. Kies? Nur der Weg, der hindurchführt. FOTO: EY

Schottergärten und ihre fatale Wirkung / NABU mahnt: „Jetzt gegensteuern"

Es gibt ein Buch mit dem verheiBungsvollen Titel ,,Gärten des Grauens". So weit möchte Michael Mäkler, seines Zeichens nicht nur aktives Mitglied im Naturschutzbund (Nabu) Bad Pyrmont, sondern auch Leiter des Kurparks, in seiner Kritik nicht gehen; der Naturschutzbund wolle ,,nicht mit erhobenem Zeigefinger kritisieren", sondern Lösungsansätze bieten. Jedoch: Immer mehr Gärten in der Stadt seien geprägt von Versieglung und Schotterwüsten, täten nichts für die Natur ,,und damit nichts für Wohn- und Lebensräume der Menschen". Eine Tatsache, die nicht auf die Kurstadt begrenzt ist.

Ein Nichts an Natur: Leider gibt es Vorgärten wie diesen aber immer öfter. FOTO: ADOBESTOCK
Ein Nichts an Natur: Leider gibt es Vorgärten wie diesen aber immer öfter. FOTO: ADOBESTOCK

In der Tat: Das Problem wird größer und größer. Immer mehr Vorgärten werden Parkplätze oder mit Schotter, Steinen und Findlingen versehen. Vielleicht stehen dann zwei, drei Gräser dort oder Buchs, aber das war's dann auch. Naturwert gleich null. Zierwert genau genommen auch. Dabei gibt es eine gesetzliche Grundlage, die das verhindern soll, wenn sie denn ernst-, geschweige denn wahrgenommen würde. Paragraf 9, Absatz 2 der Niedersächsischen Bauordnung besagt: „Die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke müssen Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind." In welcher Konsequenz Behörden dies verfolgten, vermag Michael Mäkler nicht bewerten zu wollen. Wohl aber würde sich der Naturschutzbund wünschen, dass ausführende Bauunternehmen, Architekten, Bauträger und weitere schon früh auf diese Pflicht der Grundeigentümer hinweisen".

"Aktuell diskutieren wir intensiv über die wachsende Anzahl an Schottergärten."
Michael Mäkler
Nabu Bad Pyrmont

Noch dazu: Schotterflächen sind nur kurzzeitig, aber nicht auf Dauer pflegeleicht. bleiben nicht lange frei von Sie unerwünschtem Bewuchs: Genügsame Gräser, Ackerschachtelhalme und Baumkeimlinge finden bald genügend Feinmaterial zwischen den Steinen, um wachsen zu können. Wer stattdessen immergrüne Bodendecker pflanzt zum Beispiel Elfenblume, Storchschnabel oder Purpurglöckchen -, biete Insekten und heimischen Vögeln Lebensraum und habe mit der Fläche weitaus weniger Arbeit. Glauben viele unerfahrene Grundstücksbesitzer nicht, ist aber so.

Nächstes großes Problem: Die Bäume werden weniger. Wo alte Gehölze aus unterschiedlichsten Gründen auf privaten Grundstücken der Säge zum Opfer fallen, werden sie oft nicht durch neue ersetzt. Fatal für das Mikroklima in städtischen Bereichen, gerade in solchen Hitze-, ja Dürresommern, wie sie hinter uns liegen. „Bäume kühlen die Stadt. Sie beeinflussen das Klima sehr, sehr positiv. Der größte Kühlungseffekt entsteht durch Verdunstung", sagt Michal Mäkler. Laut Forschern der niederländischen Universität Wageningen kann die Kühlleistung eines einzelnen Baumes 20 bis 30 Kilowatt Eine beachtliche Im Vergleich betragen. Leistung! dazu hat eine Klimaanlage, die einen Raum kühlt, um die zwei Kilowatt. Und Klimaanlagen sind ja eben nicht die Lösung! Sie verbrauchen Energie und tragen infolgedessen noch zur Klimakrise bei", mahnt Garten- und Pflanzenexperte Michael Mäkler.

"Jeder kleine Schritt, den wir in Richtung zu mehr Grün gehen, hat einen positiven Effekt"
Matthias Großmann
Stauden-Gärtnerei Junge

Er ist beileibe nicht der einzige Mahner. Auch Matthias Großmann, Inhaber der Stauden-Gärtnerei Junge in Wehrbergen, macht darauf aufmerksam, „dass jeder kleine Schritt, den wir in Richtung zu mehr Grün gehen, einen positiven Effekt hat". Wer Flächen clever mit insektenfreundlichen Stauden und solchen sommergrünen Bäumen und Gehölzen bepflanze, die noch dazu Schatten spendeten, der an irre heißen Tagen ein Ort der Erholung sei, weil die Temperatur dort durch die Verdunstung um einige Grad Celsius kühler sei, trage zur Artenvielfalt bei. Vor allem aber gestaltet er seinen Naturraum zu einem wertvollen Lebensraum."

Ein Lebensraum, dessen Gestaltung gerade in Oktober- und Novembertagen ein Thema ist, dann nämlich, wenn - solange kein Frost vorherrscht - die beste Pflanzzeit ist. Hier geht das Bündnis für Artenvielfalt in Bad Pyrmont und der dortige Naturschutzbund mit einem sehr informativen Flyer im Übrigen einen guten Weg. Gärten in Bad Pyrmont-Lügde" heißt der Titel, ,,und es geht darum, wie lebendig, bunt und pflegeleicht Gärten gestaltet werden können", sagt Michael Mäkler. Blaukissen, Glockenblumen, Johanniskraut, Margeriten, Gemswurz, Akelei, Goldfelberich ... Unzählig sind die Möglichkeiten. Und alle, die daran zweifeln, dass die privaten Gärten eine Wirkung auf das Gesamtklima hätten, sei mitgeteilt, dass es in Deutschland schätzungsweise rund 17 Millionen Hausgärten gibt. Rechnet man zurückhaltend mit einer durchschnittlichen Fläche von 200 Quadratmetern, so ergibt sich eine Gesamtfläche von 340.000 Hektar - und das ist deutlich mehr als die Landfläche aller deutschen Nationalparks!

Gut & schlecht

Elemente eines schönen, artenreichen und trotzdem pflegeleichten Gartens:

>Immergrüne Bodendecker bilden das Grundgerüst und verhindern unerwünschten Bewuchs. Sie schlucken auch das Falllaub im Herbst.
> Zwiebelpflanzen läuten den Frühling ein, einige Arten blühen auch im Herbst.
> Blütenstauden setzen Akzente, bieten Bienen und Schmetterlingen Nahrung.
> Blüten- und Beerensträucher bilden den Rahmen.
> Wenn der Platz ausreicht, kann auch ein größerer Baum dabei sein.
> Wer einen Rasen bevorzugt, sollte sich nicht für pflegeintensive ,,Golfrasen" sondern, für bunte Mischungen aus Gräsern und Kräutern entscheiden.
> Mit Kletterpflanzen und Spalierobst lassen sich Hauswände und Einfriedungen begrünen.
> Der Anteil versiegelter Flächen für Zuwegungen und Garageneinfahrten sollte so gering wie möglich sein. Pflaster mit breiten Fugen sind vorteilhafter, damit das Regenwasser schnell versickert. Hier können zudem auch Kräuter wie Thymian wachsen.

Nachteile von Schotter- und Pflasterflächen in Gärten und Vorgärten:

> Sie sind ganzjährig einheitlich grau, bieten keine Farben im Wechsel der Jahreszeiten.
> Sie bieten wenig bis keinen Lebensraum für Flora und Fauna. Heimische Insekten etwa meiden Kies- und Schotterflächen weitestgehend - und wo es keine Insekten gibt, werden auch die heimischen Singvögel fernbleiben.
> Schotter und Steine bieten insgesamt ein schlechtes Kleinklima. Sie sind vor allem auch ein Wärmespeicher, was in heißen Sommern genau das Gegenteil von der Abkühlung ist, die sich viele Menschen wünschen.
> Verlust der Bodenfunktionen - Wasserspeicher, Humusbildung, Bodenlebewesen werden durch geschotterte Flächen zurückgedrängt respektive verhindert.
> Weiter fortschreitende Entfremdung von der Natur.
> Verwendung nicht nachwachsender Rohstoffe - Naturzerstörung durch Steinbrüche und hohen Energieaufwand.
> Auf Dauer eben nicht pflegeleicht! QUELLE: NABU HAMELN-PYRMONT