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Eingebrochen und durchgefressen

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Angenagt: Mause-Schäden an Birnen-Ernte FOTO: SAS

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„Danke, Maus!“ lautet der Titel einer Sonderausstellung im Museum des Schlosses Bad Pyrmont, die gerade zahlreiche Fotografien zeigt. „Danke, Maus, Du kleine Arschgeige!“ lautet meine Expo, die aus genau sechs Birnen, fünf davon angenagt und gebettet auf Kötteln, besteht und für die kurz nach der Verni- auch gleich die Finissage eingeläutet wird. Es ist das Resultat der Obstlagerung in der Gartenhütte. So was Enttäuschendes!

             

Innerlich hatte ich schon das Lätzchen umgebunden, da die Blütezeit des seltsam reglos bleibenden, weil partout seit Jahren nicht wachsenden Säulenbaums der edlen Sorte ’Alexander Lucas‘ gerade begonnen hatte. Es war April und ich brauchte diese Zuversicht auf frisches Obst aus eigenem Umfeld. Dass es einen Säulenbaum dieser einst im Wald von Orléans gefundenen Sorte eigentlich nicht gibt, weil diese auch als Columnartypen bekannten Züchtungen nur bei Malus-Gehölzen (Apfel) bekannt sind, nun, das können die Experten gerne unter sich ausmachen; hier am Treppenaufgang zur Terrasse steht jedenfalls diese Säule mit dem berühmten Namen, daran besteht kein Zweifel, so hatte ich sie einst gekauft und so schmeckt auch ihr Obst. Weil der Baum aber klein und schmal ist, bleibt die Menge der Früchte überschaubar. In diesem Jahr sind’s ein halbes Dutzend gewesen. Die Ernte der Pflückreifen dauerte eine Minute, die Lagerung bis zur Genussreife sollte vier Wochen dauern. Die Mausfamilie hat sich nicht daran gehalten.

Die sechs Glorreichen am seltsamen Baum

Mit jedem Sonnenstrahl freute ich mich für diesen Baum, für diese Birnen, die im Laufe des Sommers größer, aber nicht groß wurden. Mit jedem Sturm, mit jedem Hagel hoffte ich für die sechs Glorreichen, dass ihnen kein Übel zuteilwerden würde. Sie warfen sich zum Herbst hin richtig in Schale, legten zu der zur Sonne gewandten Seite zarten Rouge auf. Bis zum Tag, an dem die Bindung zum Zweig gekappt wurde. Ein Holzkästchen hatte ich mit Zeitungspapier ausgelegt, logischerweise mit dem der Dewezet. Die Birnen wurden vorsichtig darauf gebettet und dort untergebracht, wo Rasenkantenschere, Spaten und all die Dinge ihren Platz haben, die man so braucht. Mäuse braucht man nicht. Die waren aber auch in dieser Hütte.

Anstatt also vier Wochen zu schlummern, um die endgültige, saftig-süße Genussreife zu erhalten, lagen die sechs Lucas-Birnen nicht einmal vier Tage in Ruhe, denn bei der Überprüfung der Vorräte entdeckte ich das Malheur. Es ist nicht so, dass ich grundsätzlich gegen Mäuse bin; als Kulturfolger haben die Nager bisweilen mehr Anstand als mancher Homo sapiens. Tischmanieren haben sie jedoch nicht. Eine Birne hätte ich Ihnen nicht verübelt, aber fünf von sechs anzunagen, ist frech. Zumal: Die Dinger hätten noch liegen können. In vermutlich zwei Wochen wäre der Höhepunkt des Geschmacks erreicht gewesen. Die Gierigen interessiert’s wenig, die rubbeln sich die kleinen Wampen, haben fröhlich genagt. Und in mir nagt die Verzweiflung. Ein Kaninchendraht über die Holzkiste gelegt wäre genug wirksam gewesen, um die Mausfamilie durch schwedische Gardinen aufs Obst schauend in Schach zu halten. Oder ein Stück Käse, so ein richtiger Stinker, als Ablenkungsmanöver. Nehme die Herausforderung an. En garde!

Eingebrochen und durchgefressen-2

Jens F. Meyer
j.meyer@dewezet.de